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Deichbrand 2019 - der Selbstversuch

 

Jeder von uns hat schon einmal darüber gelesen oder es selbst miterlebt. Fans die Stunden oder teilweise schon Tage vor einer Venue ausharren, nur im ihren Stars so nah wie möglich zu kommen! 

Dabei fragt man sich natürlich, warum macht man sowas, wie halten die das eigentlich durch und lohnt sich das überhaupt für vielleicht 90 Minuten, die die Stars auf der Bühne stehen? 

Um dies zu erfahren hab ich den Selbstversuch gewagt und beim Deichbrand den ganzen Freitag an der Fire Stage ausgeharrt. Wie das war und was ich alles so erlebt hab, erfahrt ihr jetzt! 

Es ist Freitag, der 19. Juli 2019 und der Festivalalltag auf dem Deichbrand ist kurz davor richtig zu starten. Für mich bedeutete dies also ein Tag, den ich am Ende vielleicht bereuen würde, wer weiß. 

Hochmotiviert, diese Erfahrung zu machen habe ich mich zeitlich auf meinen Weg zum Infield gemacht, um mir die Poleposition direkt vor der Bühne und dem bekannten Steg zu sichern, auf dem in rund 10 Stunden Jared Leto stehen wird. Bevor ich diesen Selbstversuch gestartet hab, habe ich mir keinen der Künstler angeschaut, der vor Thirty Seconds to Mars spielt. Also es wird spannend! 

MEIN PLATZ FÜR 10 STUNDEN.
MEIN PLATZ FÜR 10 STUNDEN.

AUF ZU EINER NEUE REISE, IN EIN NEUES ABENTEUER! 

SKINDRED

Es ist 14:00 Uhr und Zeit für Skindred als Opener des heutigen Tages. 

Gleich von Anfang zeigten die sympathischen Briten was sie drauf haben und ermahnten andauernd Zuschauern die kein Lächeln im Gesicht hatten. Kein Wunder, dass das Publikum ziemlich schnell der Show verfallen war. 

Wer jedoch dachte, er können einfach bloß rumstehen und die Show genießen, der hat sich getäuscht. Ehe man sich versieh wurde ein Gesangsbattle eröffnet und die Menge in der Hälfte geteilt. 

„That‘s my jam“ 

Teilweise hat es fast wie ein Schlachtruf geklungen, aber der Menge gefiel diese Form der Unterhaltung und die Aufmerksamkeit war somit voll und ganz auf den Künstler gerichtet. 

Schlussendlich war ich jedoch ziemlich enttäuscht, dass es so schnell vorbei war..

Change Over Nr. 1 

Nun heißt es warten, um genau zu sein eine Stunde. 

Gegenüber lief mittlerweile Chefboss und ich muss sagen, ich war ziemlich neidisch auf die Personen, die dort in der Crowd standen. Aber was solls! 

Mittlerweile hatte ich mich mit zwei Damen angefreundet, wir tauschten unsere bisherigen Konzerterlebnisse aus und ehe wir uns versahen wurde es Zeit für die nächste Band 

DE STAAT 

Wer ein Fan von Alternative-Rock ist, war bei DE STAAT absolut richtig aufgehoben. Für mich persönlich war der Großteil ihres Auftritts jedoch nichts, was ich unbedingt nochmal sehen müsste, auch wenn mich einige Songs echt mitgerissen haben! 

Anders schien dies jedoch bei der Fanbase, die die Band auf dem Deichbrand hatte, denn die sangen lauthals mit, tanzten sich die Seele aus dem Leib und schienen gar nicht zu merken, wie warm es mittlerweile in der Mittagssonne war. 

Dennoch war die Repräsentation der Band sehr einprägsam und etwas, was man so schnell nicht vergessen wird. Wer also Lust auf eine eher ungewöhnliche Bühnenshow hat, der sollte sich eine Show von DE STAAT anschauen! 

Change Over Nr.2

Die Nachmittagssonne fängt langsam an auf der Haut zu brennen und allmählich fängt man an seine Beine zu merken. Man gut, dass wir uns noch hinsetzen können und etwas Zeit zum entspannen haben. 

Um uns die Minuten zum nächsten Auftritt zu vertreiben fingen wir an darüber zu spekulieren, welches Outfit Jared Leto in ein paar Stunden wohl auftragen würde und welche Songs uns erwarten. Wir mussten nicht auf die Uhr schauen, um zu bemerken, dass der nächste Act gleich auf der Bühne stehen würde, denn der Bereich vor der Bühne fing schlagartig an sich zu füllen. 

 

WANDA

WANDA
WANDA

Ich muss zugeben, meine Vorstellungen von Wanda waren weitaus schlimmer, als das was einem geboten wurde! 

Bei dem Künstlernamen dachte ich mir im Vorfeld „Schmuserock, Schnulzengesang etc.“ und was bekam man?! Eine absolut geile Show, in der ich feststellen musste, die Lieder hast du doch irgendwo schon mal gehört und für gut empfunden! 

„Bologna & Bussi Baby“ 

Ja, genau das waren zwei dieser Songs, die man schon mal irgendwo unbewusst gehört hatte und echt gut fand. Umso schöner war es, diese Lieder nicht nur irgendwo im Hinterkopf abgespeichert zu haben, sondern sie auch live erleben zu dürfen. 

Und augenscheinlich war ich nicht die einzige, die so dachte, denn meine Güte war das voll...und volle „Räumlichkeiten“ bringen leider auch teilweise unschöne Seiten mit sich. So musste man öfter am eigenen Leib erfahren, dass einige männliche Kollegen anscheinend den falschen Weg Richtung Hosentasche eingeschlagen haben und man einige unschöne Begegnungen hatte..

„Ich möchte dich doch nur vor dem beschützen was hinter uns passiert“ - ein Mosh Pit, kein T-Rex aus Jurassic Park, richtig. 

Change Over Nr.3 

Die vorletzte Pause, bevor ich endlich an meinem Ziel angekommen bin. Mittlerweile konnten wir uns auch nicht mehr hinsetzen, denn nicht nur wir warteten schon gespannt auf Thirty Seconds to Mars. Somit hieß es also stehen für die nächsten 3 Stunden und man konnte sich schon denken, dass es sehr lange und anstrengende Stunden werden würden. Die Leute versuchten sich nach vorne zu drängeln, suchten jeden möglichen Spalt und wollten sich Platz schaffen, wo kein Platz war. Somit wurde ich auch von der Mädelstruppe getrennt, mit der ich mich den Tag über abgefreundet hatte. Zwar stand nur eine Person zwischen uns, jedoch reichte das schon aus, um nicht mehr miteinander reden zu können. Zu dem Zeitpunkt wussten wir ja noch nicht, was noch auf uns zukommen würde in den letzten Minuten vor dem heutigen Headliner...

 

SAM TV UNPLUGGED

SAMY DELUXE
SAMY DELUXE

Samy Deluxe hatte ich seid gefühlt einem Jahrzent nicht mehr gehört, umso mehr freute ich mich natürlich auf diese unplugged Session, die noch so einige Überraschungen bereit hielt. Alleine das Feeling war schon einzigartig, genau wie seine Bühnenshow, denn Samy war ja nicht alleine unterwegs. Zum einen brachte er ein ganzes Ensemble an Musikern mit und bewegte sich auf eine Reise durch seine Musikgeschichte! 

Somit fand man viele bekannte Songs in seinem Set wieder, die durch diese unplugged Session nochmal eine ganz andere Wirkung verliehen bekommen haben. 

Aber auch vor Gästen schien er sich nicht zu scheuen. So begleitete ihn auch sein Sohn bei diesem Auftritt und die deutsche Rapperin Fantasma! 

Diese stellte mehr als einmal unter Beweis, dass sie eine Stimme hat, von der manche Sänger/ Rapperinnen nur träumen können! Denn sie lieferte nicht nur absolut wahnsinnige Freestyle lines, sondern haute alle mit ihren Cleanparts und hohen Noten vom Hocker! 

Letztendlich war es eine kleine Entspannung im Vergleich zu den letzten Künstlern, das bedeutet jedoch nicht, dass es langweilig war! 

Change Over Nr. 5 

GLEICH GEHTS LOS

Wenn man dachte, es könnte nicht mehr voller werden, dann hat man sich getäuscht. Selbst 45 Minuten vor der eigentlichen Stage Time pressten sich die Fans so stark an einem, dass man eigentlich kaum noch Platz zum atmen hatte. 

Wie war das Motto so gleich: „Wenn kein Platz vorhanden ist, dann mach ich mir eben Platz und was andere können, dass kann ich schon lange“ 

Nach ein paar Zickereien anderer Mädels, die förmlich schon eine Symbiose mit mir eingegangen waren konnte ich nun auch wieder etwas atmen. 

In der Zwischenzeit wurden auch die bekannten Fahnen verteilt, welche man immer in der Crowd schwingen sieht und ich entschloss mich kurzer Hand auch eine zu nehmen, ohne zu wissen, was mich noch erwarten wird..

THIRTY SECONDS TO MARS


Auf die Plätze, fertig, los! 

Die Show wurde förmlich mit einem Knall eröffnet oder sollte ich eher Teeniegeschreie sagen? 

Jared Leto hatte nicht mal die Bühne betreten und die Mädels um mich herum verfielen in totale Extase, was das Schreien anbelangte..also Leute immer schön Ohrstöpsel dabei haben, wenn es um Jared Leto geht! 

„Up In The Air“ 

Der erste Song des Abends & dazu auch noch einer meiner absoluten Favorites. Kein Wunder also, dass ich mich schnell dabei erwischte, wie ich lauthals mitgesungen hab. 

Während der Show kam jedoch nicht nur zu einer musikalischen Reise durch die vier Alben der Band, sondern es wurden die bekannten riesigen Luftballons in die Menge geschmissen, Flamingos fanden ihren Weg in die Crowd und ebenso Jared Leto. Dieser war nämlich plötzlich im Infield mit einer Akustikgitarre aufgetaucht und brachte einige Frauenherzen zum schmelzen. 

Es war das erste Mal, dass ich die Anfänge von „The Kill“ und „Alibi“in einer Akustikversion live miterleben durfte und ich glaube, dass war einer der emotionalsten Momente, die ich je auf einem Konzert erlebt habe. Jeder, der schon mal die Chance hatte eine Akustikversion der Songs zu erleben, der weiß was ich meine! Man könnte glatt behaupten, dass ich ein bisschen Gänsehaut dabei hatte..

 

Während all dies geschah, war ich stolz dabei die Fahne zu schwingen, so wie es 40 weitere Leute mit mir taten. Meiner Meinung nach, hatte ich jedoch eine der schönsten erwischt *hust* 

Und plötzlich ging alles ganz schnell, die ersten Töne von„The Kill“erklungen und im Bühnengraben lief eine blonde, sehr gestresst wirkende Frau auf und ab und lies die Personen mit den Fahnen aus der Crowd holen, also auch mich. Wir würden gebeten zu warten, bildeten eine Reihe und warteten 4 Songs an der Seite der Bühne. Natürlich wusste jeder von uns was jetzt kommen würde und somit stieg die Aufregung auf das Maximale. 

Und dann ging es los! 

Da wir auf dem Weg zur Bühne die Reihe halten mussten, machten wir eine Polonaise und fingen an die witzigsten Wortspiele zu singen. Man konnte die Freude wortwörtlich hören..

Naja und nun standen wir an der Sidestage und warteten auf unser Zeichen auf die Bühne zu gehen.

 

 Ja ihr lest richtig, auf die Bühne zu Jared und Shannon Leto! 

„Closer To The Edge“ 

Der Song, der unser Stichwort bedeutete und wir endlich auf die Bühne durften. Einfach unglaublich! 

Der Ausblick über die Crowd war einmalig, das Erlebnis unbeschreiblich und Jared? Ich habe noch nie so viel Sympathie für eine Person empfunden, die ich gar nicht kenne! 

FAZIT 

Knappe 10 Stunden Hardcore/ Groupieerfahrung, ich habs überlebt! 

Wie zu erwarten, taten mir meine Beine extrem stark weh, aber hat sich das alles jetzt so gelohnt, wie ich mir das vorstellte? 

Anfänglich stand ich dieser Frage und diesen Selbstversuch ziemlich skeptisch gegenüber. 

Rückblickend auf diese Extremerfahrung kann ich sagen, Respekt an jede Person, die das mit ihren Körper durchmacht! 

In diesen 10 Stunden habe ich einige Bands gesehen, die nicht immer mein Musikgeschmack waren und teilweise auch fast zu einer Qual wurden. Die Mädels in der Crowd wurden am Ende unausstehlich und man fühlte sich in einer Herde voller Gremmlins..

ABER 

Die Chance zu bekommen, diese Erfahrung machen zu dürfen, mit Jared Leto auf einer Bühne zu stehen, einen sehr langen Traum erfüllt zu bekommen und all das drum herum zu erleben, einfach unbeschreiblich. Eine Erfahrung, die ich ich nicht missen möchte. 

Würde ich diesen Selbstversuch dennoch nochmal machen? Ich glaube nicht. 

Insgesamt hab ich zwar fünf Bands gesehen und Freundschaften geschlossen, jeder geht das nicht jedem so und man verpasst viel, was in seiner Umweld alles so passiert. Daher überlegt es euch gut, ob ihr für eine Band wirklich Stunden oder vielleicht auch Tage vor einer Venue wartet! 

TEXT: VIVIEN FEDER
FOTOS: JANIS HINZ

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